Durch den 33:29 (17:14)-Auswärtssieg beim Schlusslicht HSG Wiesbaden haben die Zweibrücker Löwen die „Wunsch-Zielvorgabe“ von drei Punkten aus den drei schweren Auswärtsspielen in Krefeld, in Ferndorf und in Wiesbaden tatsächlich geschafft und sich damit nach etwas mehr als zwei Dritteln der Saison bei 25:17 Punkten mit dem vierten Tabellenplatz in der dritten Liga West belohnt.
Dabei kamen auch die etwa 50 Zweibrücker Fans, die den Weg zum „kürzesten Auswärtsspiel“ dieser Runde auf sich genommen hatten, um die 64er hier lautstark zu unterstützen, voll auf ihre Kosten.
Sie alle verfielen jedoch – ähnlich wie die Betreuer auf der Zweibrücker Bank – bereits nach einer Minute und 48 Sekunden in eine gewisse Schockstarre, als die Schiedsrichter Fähnle und Schulle den Zweibrücker Keeper Ladi Kovacin mit einer roten Karte auf die Tribüne verbannten. Der frühere slowakische Nationaltorwart war bei einem Tempogegenstoß Wiesbadens aus seinem Torraum gelaufen, hatte den Ball ins Seitenaus gespielt. Zwar war es dann nicht Kovacin selbst, der mit dem gegenstoßlaufenden Johannes Schumacher zusammen stieß, sondern der mit Schumacher zurück geeilte Florian Enders. Da die Szene allerdings schwer überschaubar war und zudem eine ganz kurzfristige Entscheidung gefällt werden musste, disqualifizierten die Schiedsrichter nach kurzer Absprache untereinander den Zweibrücker Torwart. „Ich fand es sehr fair, dass Johannes Schumacher hier direkt zu den Schiedsrichtern sagte, dass er keine Bestrafung fordere und dass er vom Torwart nicht berührt wurde“, stellte Bullacher nach dem Spiel aber auch eine nicht „alltägliche und sportlich faire Reaktion“ des Wiesbadener Rückraumspielers heraus. Einfluss auf die Entscheidung des Schiedsrichtergespannes hatte dies allerdings nicht mehr.
So kam ganz kurzfristig und überraschend der große Auftritt von Yannic Klöckner. Der A-Jugendkeeper machte seine Sache nämlich erneut ausgezeichnet, schaffte es gemeinsam mit der aggressiven Zweibrücker 3:2:1-Abwehrformation, den Mitaufsteiger aus der hessischen Landeshauptstadt mit zunehmender Spieldauer immer besser in den Griff zu bekommen.
Zunächst dominierten allerdings die Gastgeber, die durch einen Siebenmeter Yakub Kaplans im Anschluss an die rote Karte Kovacins mit 2:0 in Führung gingen. In Unterzahl vermochten Aris Wöschler und Jerome Müller dann zunächst zum 2:2 auszugleichen. Danach allerdings zogen die Gastgeber auf 5:2 weg. Es dauerte etwa zehn Minuten, bis die junge SV-Truppe den Schock des frühen Ausfalls ihres Keepers in sportlicher Hinsicht verarbeitet hatte. Jerome Müller per Siebenmeter erzielte in der 12. Spielminute dann erstmals wieder den Ausgleichstreffer zum 6:6-Zwischenstand.
In den Folgeminuten gelang es den Zweibrücker Löwen dann immer mehr, dem Spielgeschehen den eigenen Stempel aufzudrücken. „Wir haben in dieser Phase einfach nur zu viele klare Torchancen ausgelassen“, kritisierte SV-Trainer Bullacher seine Mannschaft, die zwischen der zehnten und 30. Minute mehrfach völlig freistehend am aufmerksamen Wiesbadener Keeper Paul Windheim gescheitert waren. Alleine fünf Tempogegenstöße konnten hier nicht erfolgreich abgeschlossen werden, wodurch die Partie spannend blieb.
„Rückkehrer“ Tim Burkholder, der kurz zuvor eingewechselt wurde, in der 29. sowie der starke Rechtsaußen Philipp Hammann wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff, sorgten mit ihren beiden Treffern vor der Pause noch zu einer erstmaligen drei-Tore-Führung der 64er.
Als Wiesbadens Trainer Stephan Metz in der 35. Minute seine grüne Karte für ein Team-Time-out auf den Zeitnehmertisch legte, hatten die 64er bereits eine gewisse Vorentscheidung erspielt. Denn Philipp Hammann, Tim Burkholder, Florian Enders und Aris Wöschler sorgten mit vier schnellen Treffern für eine beruhigende 21:15-Führung – und sowohl auf der Bank der 64er, wie im Zweibrücker Fan-Block für nun wesentlich entspanntere Gesichtszüge.
Bis zur 40. Spielminute lief es aus Gästesicht weiter absolut planmäßig; die Zweibrücker Löwen lagen nun mit acht Toren, mit 24:16 in Front.
Es folgten dann allerdings einige eher nervenstrapazierende Minuten. Denn die Wiesbadener agierten nun in der Abwehr deutlich offensiver, versuchten damit den Druck auf den Zweibrücker Rückraum zu erhöhen, was sichtbar von Erfolg gekrönt war. Als Bullacher in der 44. Spielminute eine Auszeit nahm, hatten die Gastgeber bereits wieder zum 19:25-Zwischenstand verkürzt. Und sie trafen auch danach noch zwei weitere Male.
In dieser Phase war es immer wieder auch Keeper Yannic Klöckner, der mit seinen Paraden seine Vorderleute aufweckte und anstachelte.
Und die legten dann tatsächlich auch wieder einen Zwischenspurt hin, zogen binnen fünf Minuten wieder auf 22:31 weg.
„Wir haben heute aber wahrlich nicht clever gespielt“, sagte SV-Coach Stefan Bullacher schließlich zu den letzten zehn Spielminuten. In dieser Phase hatten die Zweibrücker Rückraumakteure nämlich „den Colt etwas locker sitzen“, feuerten hastig aufs Wiesbadener Gehäuse, blieben dabei allerdings auch immer wieder am HSG-Abwehrblock hängen. Zudem unterliefen ihnen da auch zahlreiche technische Fehler!
So führte die wechselhafte Begegnung die 64er erneut in ein Wellental, ermöglichte den Gastgebern im Schlussspurt noch eine Ergebniskorrektur zum 29:33-Endstand.
Wichtig aus Zweibrücker Sicht waren allerdings schließlich die beiden Punkte, die die Zweibrücker Löwen auch aus Wiesbaden entführten. Die Zwischenbilanz von elf Auswärtspunkten nach dem 21. Spieltag bedeutet jedenfalls ein deutliches Plus gegenüber den ursprünglichen Prognosen. Somit behaupten sich die 64er auch weiterhin im oberen Tabellendrittel der 3. Liga West.
Neben dem Auswärtssieg und dem Vorrücken auf den vierten Tabellenplatz genossen sie am Samstagabend jedenfalls auch die kürzeste Heimfahrt der Saison; bereits nach 90 Minuten waren sie wieder zurück in Zweibrücken.
Am kommenden Samstag empfangen die 64er nun den Tabellenelften VfL Gladbeck in der Westpfalzhalle, der zuletzt den Tabellendritten HSG Krefeld mit 33:31 bezwang.
Im Hinspiel kassierten die 64er nach gutem Start noch eine deutliche 33:26-Niederlage, hätten also im Rückspiel noch etwas gut zu machen.
Auf einen Blick:
HSG Wiesbaden:
Paul Windheim und Niklas Weißbrod (ab der 41.) im Tor – Johannes Schumacher 4, Luis Garbo 1, Max Kellner – Lorenz Engel 6, Yakub Kaplan 8/3 – Nicolas Kolb 3 – Danic Seiwert 5, Valentino Dottorello 1, Patrick Pareigis 1, Simon Engel, Christian Burghard, Lars Kretschmann.
SV 64 Zweibrücken:
Ladi Kovacin und Yannic Klöckner (ab der 2.) im Tor – Jerome Müller 9/3, Björn Zintel 4, Florian Enders 3 – Philipp Hammann 6, Benni Zellmer 3 - Aris Wöschler 5 – Tim Burkholder 3, Jonas Denk, Michael Mathieu.
Zeitstrafen: 8:8 min., rote Karte: Ladi Kovacin (2. Min.) Siebenmeter: 5/4 – 3/3, Zuschauer: 450, Schiedsrichter: Markus Fähnle und Jörg Schulle (Königsbronn/Oberkochen).